Seminar Ähnlichkeitstheorie und Scale-up


- Maßstabsvergrößerung verfahrenstechnischer Apparate und Maschinen

Verfahrenstechnischer Prozesse leiten sich gewöhnlich aus den gewünschten technischen Funktionen und standardisierten Grundoperationen ab. Dennoch sind viel Apparate und Maschinen Unikate, die spezifisch dimensioniert und in der Regel im Maßstab vergrößert werden müssen. Die Maßstabsvergrößerung verfahrenstechnischer Prozesse ist wegen der umgekehrt proportionalen Abhängigkeit der spezifischen Oberflächen von der Apparategröße bzw. dem Durchmesser nicht trivial. Maßstabsvergrößerung ist nach wie vor mehr eine Kunst, als ein Handwerk.

Wegen der Komplexität des Wärme- und Stofftransports in der realen industriellen Praxis ist eine Maßstabsvergrößerung häufig nicht auf Basis rigoroser physiko-chemischer Modelle und der daraus abgeleiteten Bilanzgleichungen realisierbar. Hier kann die Ähnlichkeitstheorie bzw. Dimensionsanalyse einen wichtigen Beitrag leisten. Die aus der Dimensionsanalyse abgeleiteten Kennzahlen und die daraus abgeleiteten Funktionen sind von der Geometrie, von den Prozessparametern und von den Stoffwerten unabhängig. An Modellapparaten und mit Hilfe von Modellsubstanzen ermittelte Beziehungen sind im Rahmen der experimentellen Gültigkeitsbereiche beliebig skalierbar.

Die wertvollste Information, die für die Maßstabsvergrößerung aus der Dimensionsanalyse ableitbar ist, ist jedoch die Kenntnis der die dimensionslosen Kenngrößen verbindenden Proportionalitäten. Liegt das Vertrauensintervall einer ähnlichkeitstheoretischen Funktion typischerweise in einem weiten Bereich von ca. 15 - 25 %, sind die Proportionalitäten der in diesen Funktionen verbundenen Kennzahlen durch eine große Anzahl experimenteller Befunde gesichert und sehr verlässlich. Ein Beispiel ist die Proportionalität Nu ∼ Re0,67 für den Wärmeübergang in Rührwerksbehältern. Auf Basis dieser gesicherten Proportionalitäten können die aus Messungen an Miniplants, Pilotanlagen und Anlagen anderer Kapazitäten gewonnenen Parameter mit großer Genauigkeit umgerechnet bzw. skaliert werden.

Zielsetzung
Ziel des Seminars ist die Vermittlung der Kompetenz zur Nutzung ähnlichkeitstheoretischer Beziehungen bei der Maßstabsvergrößerung verfahrenstechnischer Apparate und Maschinen. Basis der Maßstabsvergrößerung bzw. der Skalierung sind die aus der Ähnlichkeitstheorie bzw. Dimensionsanalyse abgeleiteten Proportionalitäten und Abhängigkeiten. Die Seminarteilnehmer erstellen eine Relevanzliste und entwickeln die entsprechenden dimensionslosen Kennzahlen. Sie wenden ähnlichkeitstheoretische Gleichungen bei der Maßstabsvergrößerung an und nutzen die aus den Kennzahlen und Gleichungen abgeleiteten Proportionalitäten. Sie kennen die Stärken und Schwächen der Maßstabsvergrößerung auf Basis ähnlichkeitstheoretischer Ansätze.

Inhalt
Kontext Prozessentwicklung und Anlageplanung
Literaturempfehlungen
Maßstabsvergrößerung
- Kunst oder Handwerk?
- Aufgabe („job“) und Ursache („worker“)
- 7 Schritte zur Maßstabsvergrößerung
- Konzept der geometrischen Ähnlichkeit bei der Maßstabsvergrößerung
- geometrische Ähnlichkeit als Ursache für das Scheitern einer Maßstabsvergrößerung
- Schwierigkeiten bei der Maßstabsvergrößerung
Grundlagen der Ähnlichkeitstheorie, Buckingham-PI Theorem
- instationäre Wärmeübertragung, Garzeit eines Bratens - Fourier-Zahl
- Dimensionsanalyse des Gehens - Froude-Zahl, Reynolds-Zahl
- Anwendung und typische Fehler
Entwicklung dimensionsloser Kennzahlen
- Erstellen einer Relevanzliste
- Entwicklung dimensionsloser Kennzahlen - Lösung linearer Gleichungssysteme; intuitive Methode, Konzept der Kernvariablen
Rührerleistung - Newton-Zahl, Reynolds-Zahl
Stoffübertragung
- Stoffübergang an der Phasengrenze Gas/Flüssigkeit, Zweifilm-Theorie, - Sherwood-Zahl, Schmidt-Zahl
- Ermittlung einer Fitfunktion aus experimentellen Daten
Wärmeübertragung
- laminare und turbulente Rohrströmung - Nußelt-Zahl, Prandtl-Zahl
- Wärmeübergang in Rührwerksbehältern
- freie Konvektion - Grashof-Zahl
- Erweiterung der Relevanzliste, Lösung des linearen Gleichungssystems mit Matlab
- Filmkondensation und Blasensieden
- Sensitivitätsanalyse mit Hilfe einer Monte-Carlo-Methode
- Strömungssieden
Fluidverfahrenstechnik
- Druckverlust in Rohrleitungen - Euler-Zahl
- effektive bzw. benetzte volumenbezogene Oberfläche von Füllkörpern
- Gas Hold-up in Blasensäulen
- Flüssigkeits-Hold-up von Füllkörperpackungen
- Fluten und Druckverlust von Füllkörperpackungen
- Leistungsbedarf von Rührern
- Rührerleistung in begasten Rührwerksbehältern
- Mischzeit in Rührwerksbehältern
- Relevanzliste der Rektifikation, Grenzen der Ähnlichkeitstheorie
Reaktionstechnik
- idealer und realer Rohreaktor, Dispersionsmodell, partielle Ähnlichkeit
- Entwicklung dimensionsloser Kennzahlen - Lösung linearer Gleichungssysteme, lineare Algebra -
- Herleitung dimensionsloser Kennzahlen aus Bilanzgleichungen
- Damköhler-Zahlen, Lewis-Zahl, Arrhenius-Zahl, adiabate Temperaturerhöhung
- heterogene Katalyse, Katalysatorwirkungsgrad
- Stabilitätskriterium für Festbettreaktoren, run-away
- Absorption von Gasen in Flüssigkeiten - Thiele-Modul und Verstärkungsfaktor E
Partikeltechnologie
- Agglomeration, Telleragglomerator
- Zyklon - geometrische Ähnlichkeit
- Mischen von Feststoffen

Teilnehmerkreis
Verfahrenstechniker, Prozesstechniker, Chemieingenieure und Technische Chemiker aus allen Bereichen der Prozessindustrie, die sich mit der Auslegung und Maßstabsvergrößerung verfahrenstechnischer Prozesse beschäftigen.
Die Seminarteilnehmer werden gebeten, einen Taschenrechner mitzubringen

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